Kundenerfahrungen

Die Suche einer Regenbogenfamilie nach einem Samenspender: Vom Graumarkt zur professionellen Samenbank

Das deutsch-englische Paar Hayley und Katja Schönberg erlebte auf seiner Reise zum Wunschkind eine ganze Menge. Eine Reise mit Abstechern in eine Welt, die ihnen bis dahin unbekannt war: Der Graumarkt für Samenspender.

October 14, 2021
5 Min. Lesedauer
Matilde Hansen

„Wie war es für dich, Mutter zu werden?“, fragt Hayley Schönberg ihre Ehefrau Katja. Sie gehen in einem der vielen Parks der Hansestadt Hamburg spazieren, während ihre kleine Tochter im Kinderwagen schläft.

„Anders. Wunderbar. Herausfordernd“, antwortet Katja, während sie in die Kamera für ein Video lächelt, welches das Paar später auf seinem YouTube-Kanal veröffentlichen wird. In ihren Videos sprechen die beiden offen über ihr Leben – zum Beispiel auch darüber, wie es ist, zum ersten Mal Eltern zu werden.

Katjas detaillierte Antwort spiegelt auch den Prozess wider, den das Paar durchlaufen ist, bis im Februar 2021 endlich ihre kleine Tochter Emmi zur Welt kam.

Die Hochzeitsreise und die Suche nach einem Samenspender

Hayley und Katja wohnen in Hamburg. Seit sechs Jahren sind sie ein Paar, geheiratet haben sie im Jahr 2019. Hayley ist 30 Jahre alt, Engländerin und professionelle Tänzerin. Katja ist Deutsche, 38 und als Bühnentechnikerin tätig. Bereits während ihrer Hochzeitsreise begannen die beiden, nach einem passenden Samenspender zu suchen. Gleichzeitig informierten sie sich auch über Möglichkeiten und Herausforderungen, denn die deutsche Gesetzgebung macht es lesbischen (und homosexuellen Paaren) in einigen Fällen schwierig sich den Traum eines eigenen Kindes zu erfüllen.

“Uns wurden so viele Fragen gestellt. Daher haben wir uns entschieden unseren Weg auf Instagram und YouTube zu dokumentieren – sowohl für Emmi, aber auch, um nicht immer und immer wieder erklären zu müssen, wie wir unsere Tochter bekommen haben. Ein anderer Grund war natürlich auch, um anderen zu helfen, die sich in derselben Situation befinden“, sagt Hayley Schönberg in einem Onlinemeeting, während Emmi tief und fest auf ihrer Brust schläft.

Es gibt einen riesigen Graumarkt für Samenspenden. Das war schon fast unheimlich.

// Hayley Schönberg

Hayley hatte zuvor bereits zwei gescheiterte Versuche mit Sperma zweier Spender einer anderen Samenbank hinter sich. Beide Versuche führten nicht zu ihrem sehnlichen Wunsch, endlich schwanger zu werden. Die Zeit verging. Und die Frustration wuchs.

„Ich werde nie schwanger“, dachte sich Hayley. Sie begann, sich im Internet nach Alternativen umzusehen. In den unendlichen Weiten des Netzes fand sie unter anderem Facebook-Gruppen und die App „Just a baby“, die Hayley als eine Art Tinder für Samenspender beschreibt.

Hayley und Katja durchforsteten die App und klickten sich durch unseriöses Profil nach dem nächsten. Es wurde schnell deutlich, dass viele potentielle Spender die Spende gern auf natürlichem Wege per Geschlechtsverkehr überbringen wollten. Mehrfach erhielt das Paar Angebote für fragwürdige Treffen in Hotelzimmern.

„Es gibt einen riesigen Graumarkt für Samenspenden. Das war schon fast unheimlich“, sagt Hayley.

„Nein, danke!" zu unseriösen Samenspendern

Es vergingen Monate, bis das Paar Kontakt zu einem Mann aufnahm, der ihnen ehrlich und verständnisvoll erschien. In der Zwischenzeit war Hayley jedoch im Mai 2020 mit einer Samenspende der European Sperm Bank schwanger geworden. Also wollte sie dem Mann schreiben, ihm für seine Zeit danken und ihm erklären, dass sie nun nicht mehr auf seine Hilfe angewiesen sei. Seine Reaktion? Das komplette Gegenteil eines Glückwunsches:

„Du undankbare Schlampe!“

Das Paar war schockiert.

„Ich blockierte ihn sofort und trotzdem erstellte er ein neues Profil und kontaktierte mich darüber. Gar nicht auszudenken, was wohl passiert wäre, wenn wir ihn als Samenspender ausgewählt hätten! Wir können gar nicht oft genug betonen, wie wichtig es ist, eine professionelle Samenbank zu nutzen, damit man weiß, dass alles ordentlich abläuft und man echte Qualität bekommt.”

Hayley ist bis heute überrascht, dass sie damals nicht an die möglichen gesundheitlichen Folgen dachte, welche ungetestetes Sperma vom Graumarkt mit sich hätte bringen können. Sowohl für sie als auch für ihr Baby.

So groß war der Traum, endlich Mama zu werden. So groß, dass sie damals einfach nicht klar denken konnte.

„This is the one!“

Bevor das Paar einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen halten konnte, hatte es sich für eine neue Kinderwunschklinik entschieden. Im selben Atemzug wechselten Hayley und Katja auch zur European Sperm Bank, die ihrer Meinung nach das beste Preis-Leistungsverhältnis unter den Samenbanken bot.

Hayley und Katja hatten sich eigentlich schon für einen Samenspender entschieden. Doch an dem Tag, an dem sie seinen Samen kaufen wollten und dieser bereits im Einkaufskorb des Paares lag, wurde plötzlich ein ganz neuer Spender auf der Website angezeigt. Das Timing war perfekt.

Hayley schaute sich die Kinderbilder des Spenders an, las die Beschreibung in seinem Profil und weinte vor Erleichterung. Sie weckte Katja, die neben ihr lag und schlief:

„Der hier, der ist genau der Richtige.“

Wir hatten entschieden, dass ich unser Kind austragen würde. Daher wollte ich gern eine gewisse Verbindung zum Spender spüren.

// Hayley Schönberg

Das Profil beschrieb einen intelligenten Samenspender mit guter medizinischer Vorgeschichte und einem großen Interesse an Kunst. Es klang fast so wie eine Beschreibung von Hayley selbst – und auch die süßen Kinderbilder des Spenders spielten bei der Entscheidung eine wichtige Rolle. Das Lächeln des kleinen Jungens war nahezu ansteckend.

Das Paar hatte im Voraus gemeinsam entschieden, dass Hayley, welche Emmis biologische Mutter werden würde, die endgültige Entscheidung fällen sollte:

„Wir hatten entschieden, dass ich unser Kind austragen würde. Daher wollte ich gern eine gewisse Verbindung zum Spender spüren. Und mit diesem Spender fühlte es sich einfach richtig an. Wie ein Zeichen! Und ich wurde direkt beim ersten Versuch schwanger. Er war genau die richtige Wahl.“

Offener Samenspender

In Deutschland, wo das Paar lebt und sich in Behandlung begab, ist es nicht möglich, sich mit dem Samen nicht offener Spender – die auch No ID release-Spender genannt werden – behandeln zu lassen. Doch dem Paar war bereits seit den allerersten Gesprächen über eine mögliche Samenspende klar, dass es sich für einen offenen Spender entscheiden würde. Hayley hatte ihren eigenen Vater viele Jahre lang nicht gekannt. Sie lernte ihn zum ersten Mal kennen, als sie 14 Jahre alt war. Leider starb er nur drei Jahre später.

„Wir wollen nicht, dass unsere Tochter uns eines Tages fragt, warum wir uns nicht für einen offenen Spender entschieden haben. Für uns ist es wichtig, dass sie die Chance hat, mehr über ihre Herkunft zu erfahren“, sagt Hayley Schönberg.

Nach einer emotionalen Achterbahnfahrt ud dubiosen Internetbegegnungen wurden Katja und Hayley Schönberg an einem Wintertag im Februar Eltern der kleinen Emmi. Und wenn sie auf dem Weg zum Elternsein eines gelernt haben, dann ist es die Kunst, geduldig zu bleiben:

„Das waren wir nicht. Und aus schierer Verzweiflung hätten wir beinahe eine völlig falsche Entscheidung in Sachen Samenspender getroffen. Es ist so wichtig auf sein Bauchgefühl zu hören. Kommuniziert mit eurem Partner und unterstützt einander. Es gibt so viele riesige Entscheidungen, die ihr gemeinsam treffen müsst. Und gebt nicht auf.“

Folgen Sie dem Familienleben von Hayley und Katja Schönberg auf

Instagram

YouTube

Hier berichten sie offen über ihre Wahl eines Samenspenders, ihre Schwangerschaft, die Geburt, ihr Leben als frischgebackene Eltern usw.